Samstag, 30. April 2016

Kompetenzbegriff, Medienkompetenz oder LehrerInnen als ExpertInnen


Zu Beginn dieses Kapitels soll auf den Kompetenzbegriff als Überbegriff kurz eingegangen werden. Seit PISA wurde der Begriff der „Kompetenz“ ins Zentrum pädagogischer Überlegungen gestellt und findet immer wieder Eingang in Lehrpläne und fachliche pädagogische Schriften. Als Hintergrund der Überlegungen und möglicher Definitionen gelten dabei alle Fertigkeiten, Fähigkeiten, Kenntnisse und Qualifikationen, welche SchülerInnen am Ende ihrer Schullaufbahn haben sollen.  (Hechenleitner & Schwarzkopf, 2006, S. 1 f.) Trotz Bildungsstandards und einheitlicher Prüfungsanforderungen „wird der Kompetenzbegriff auf wissenschaftlicher Seite noch immer kontrovers diskutiert und in der Praxis äußert variantenreich verwendet.“ (Hechenleitner & Schwarzkopf, 2006, S. 1)
Die Anwendung von Fertigkeiten und Wissen steht im Vordergrund der Überlegungen, und von Deutschland ausgehend hat sich die im Jahr 2001 von F.E. Weinert formulierte und auch meistzitierte Variante des Kompetenzbegriffes durchgesetzt.
„Die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.“ (Weinert, 2001, S. 27 f.) Abzugrenzen ist hier der Begriff der „Qualifikation“, denn damit wird „eine konkrete, personenunabhängige Befähigung bzw. Eignung“  (Hechenleitner & Schwarzkopf, 2006, S. 1) angesehen. Dieser erscheint im Zusammenhang mit dem vorliegenden Problem in Bezug auf Blended Learning und Kollaboration als nicht unwesentlich, denn auch in diesen Bereichen sind Qualifikationen und Wissen kein Nachteil und als Basis für Weiterentwicklung nicht unwesentlich.  Auch die von Hechenleitner und Schwarzkopf beschriebenen Begriffe der „Schlüsselkompetenz“ und „Fachkompetenz“ werden als durchaus zielführend eingestuft. In Bezug auf Fachkompetenz „wird häufig von Handlungskompetenz gesprochen, welche sich wiederum in die Dimensionen der „Fachkompetenz“ selbst, „Humankompetenz“ und „Sozialkompetenz“ unterteilen lässt. Besonders „im berufs- und wirtschaftspädagogischen Bereich“  (Hechenleitner & Schwarzkopf, 2006, S. 2) stellt der Begriff der „Handlungskompetenz“ das wesentliche Leitziel beruflicher Bildung dar und findet durchaus auch in der vorliegenden Arbeit seine Berechtigung.
Der Begriffes der Medienkompetenz, welcher besonders im Bereich Blendend Learning und E-Learning als wesentlich erscheint, wird in der Literatur oft aus verschiedenen Positionen beschrieben bzw. definiert. Für die Herangehensweise dieser Arbeit erscheint der Ansatz Mosers passend. Heinz Moser spricht von einem Bündel von Fähigkeiten welche der Lernende in der Auseinandersetzung mit Medien selbst zu entwickeln hätte. Dies geschieht im Rahmen von geeigneten Lernsituationen, mit denen die Schüler „kompetent und souverän“ umgehen können. (Moser H. , 2006, S. 220). Bewusst soll hier nun die Überleitung von der SchülerInnenrolle zur eigentlichen Zielgruppe der Arbeit gesetzt werden, zu den PädagogInnen.
Mayer, Resinger und Schratz beschreiben in ihrem Buch „E-Learning im Schulalltag“, wo die Umsetzung des Themas eLearning in verschiedenen eLSA – Schulen untersucht wurde, recht anschaulich, dass KollegInnen durch Zusammenarbeit und Vernetzung zu ExpertInnen auf dem Gebiet des Blended Learning wurden. Mit der Steigerung ihrer Kompetenz wurde deutlich, dass sie ihr Können auch bereitwillig anderen KollegInnen zur Verfügungen gestellt haben. Nicht nur innerhalb der eigenen Schule wurden Netzwerke aufgebaut, sondern auch schulübergreifende Kollaborationen wurden eingerichtet. Auch von den unterschiedlichen Schulleitungen wurde bestätigt, dass die Steigerung der Kompetenz und die „Professionalität im Umgang mit E-Learning“ eine Steigerung der beruflichen Professionalität der KollegInnen zu Folge hat.  (Mayr, Resinger, & Schratz, 2009, S. 43 f.)
Dieses Beispiel zeigt anschaulich, dass Medienkompetenz und E-Learning auch Auswirkungen auf das Wissensmanagement innerhalb von Organisationen haben, denn mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien kommt es zu einer Flut von (Gruber-Rotheneder, 2011) Wissen, welches in Netzwerken verbreitet wird (Wiater, 2007), und  auch anderen KollegInnen in ihrer Vorbereitung helfen kann.
Mandl und Kopp betonen in ihrem Forschungsbericht zu Blended Learning, dass Kompetenz im Umgang mit neuen Medien wesentlich ist, denn „nicht nur eine sichere technische Handhabung, sondern auch die Fähigkeit, Medien gezielt zur Informationssuche einzusetzen“ (Mandl & Kopp, 2006, S. 11) erscheint wesentlich für Zusammenarbeit und Kollaboration. Blended Learning setzt als Grundlage digitale Medien voraus, welche in Organisationen auch zu Innovationen führen können, denn der Einsatz von Medien führt neben der „Organisation und Verwaltung von Bildungsprozessen“, auch zu einer „Kommunikation, zur Kooperation und zum persönlichen Wissensmanagement“ in Schulen. (Reinmann, Florian, Häuptle, & Metscher, 2009, S. 4)
In weiterer Folge kann diese Entwicklung zu „neuen Lerngemeinschaften unter Lehrkräften einer Schule oder zu neuen Formen der Fortbildung von Lehrern führen.“  (Reinmann, Florian, Häuptle, & Metscher, 2009, S. 4)
Im Rahmen ihrer Arbeit „Wissenschaftliche Begleitung von Blended Learning in der Lehrerfortbildung“ (2009) konnten Reinmann, Florian, Häuptle und Metscher weiters festellen, dass die KursTeilnehmerInnen des Forschungsprojektes der Universität Augsburg im Rahmen des »Intel® Lehren – Aufbaukurs Online«, „ihre Methoden- und Medienkompetenzen“  (Reinmann, Florian, Häuptle, & Metscher, 2009, S. 110) gesteigert haben und Offenheit bzw. Zusammenarbeit zwischen den KollegInnen als wesentliche Faktoren für den Erfolg von Blended Learning eingestuft wurden. „Offenheit und eine Reflexion des eigenen Unterrichts sowie die Zusammenarbeit mit Kollegen erwiesen sich hier als zentrale Punkte.“  (Reinmann, Florian, Häuptle, & Metscher, 2009, S. 110)
Ob es aber zu einer erfolgreichen Umsetzung von Blended Learning Konzepten an Schulen kommt und ob dies in weiterer Folge auch zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften führt, ist nach Reinmann, Florian, Häuptle und Metscher auch wesentlich von der Medienkompetenz der LehrerInnen abhängig. Auch das mediendidaktische Verständnis und das Wissen bzw. Können im Bereich der neuen Medien scheinen wesentliche Faktoren für den erfolgreichen Einsatz von Blended Learning zu sein, denn Unsicherheit und Hemmungen sind oft der Grund für das Scheitern solcher Versuche.  (Reinmann, Florian, Häuptle, & Metscher, 2009, S. 1-2)
Wenn LehrerInnen zu ExpertInnen werden, und im Zuge der eigenen Fortbildung Kompetenzen im Bereich neuer Medien entwickeln, dann führt dies nach  Häuptle, Florian und Reinmann zu Transfererfolgen, denn „digitale Medien können Motor von Innovationen sein“  (Häuptle, Florian, & Reinmann, 2008, S. 4)
Zusammenfassend kann hier gesagt werden, dass Medienkompetenz verstärkt auf den  Umgang mit neuen Medien abzielt. Die Vermittlung von instrumentellem Wissen, der richtige Einsatz der Medien, aber auch die kritische Reflexion im Umgang mit den Medien erscheint als wesentlich und wird auch im Handbuch „Digitale Medien“ von Gruber-Rotheneder so definiert.  (Gruber-Rotheneder, 2011)

Aus: Blended Learning als Chance der Wissensvermittlung und Verbesserung kollaborativer Zusammenarbeit von LehrerInnen, Mittl Oliver 2012

Literatur:
Häuptle, E., Florian, A., & Reinmann, G. (2008). Nachhaltigkeit von Medienprojekten in der Lehrerfortbildung: Abschlussbericht zur Evaluation des Blended Learning-Lehrerfortbildungsprogramms „Intel® Lehren – Aufbaukurs Online". Augsburg: Universität Augsburg.
Reinmann, G., Florian, A., Häuptle, E., & Metscher, J. (2009). Wissenschaftliche Begleitung von Blended Learning in der Lehrerfortbildung: Konzept, Methodik, Ergebnisse, Erfahrungen und Empfehlungen am Beispiel "Intel Lehren - Aufbaukurs Online". Münster: MV-Verlag.
Moser, H. (2006). Einführung in die Medienpädagogik. Wiesbaden: VS Verlag.
Niemeyer, B. (2005). Neue Lernkulturen in Europa? Prozesse, Positionen, Perspektiven. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.
Gruber-Rotheneder, B. (2011). Lernen mit digitalen Medien - Ein Handbuch Erwachsenenbildung und Regionalentwicklung. Wien: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Wiater, W. (2007). Wissensmanagement - Eine Einführung für Pädagogen. Wiesbaden: GWV Fachverlag.
Hechenleitner, A., & Schwarzkopf, K. (April 2006). Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung. Abgerufen am 20. Feber 2012 von isb.bayern.de: http://www.kompas.bayern.de/userfiles/infokompetenz.pdf

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